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Graues Dorf am Rhein oder internationales Dialogzentrum? Wie steht das Land zur Stadt Bonn als "Zentrum für internationale Zusammenarbeit"?

Bonn ist UN Stadt. Bonn ist Standort von einem Dutzend UN-Organisationen, die in der Folge der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung entstanden sind, wie beispielsweise das Klimarahmensekretariat. Bonn ist internationaler Standort von 170 Nichtregierungsorganisation, die im Bereich der Umsetzung der Rio-Konventionen tätig sind und im Bereich Entwicklungszusammenarbeit. Bonn ist Heimat von 600 UN Mitarbeiter/innen und deren Familien. Welches Interesse und welche Instrumente hat das Land Nordrhein-Westfalen, um den internationalen Standort Bonn zu fördern? Und welche Bedeutung wird in Düsseldorf dem bürgerschaftlichen Engagement beigemessen, den internationalen Gedanken in unserer Stadt zu verankern? Die Perspektivstudie "Internationaler Standort Bonn" hat gezeigt, dass das internationale Standbein unserer Stadtentwicklung noch nicht in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Vielen in Bonn und auch im Land NRW ist noch nicht bewusst, dass sie in einer UN-Stadt leben, einer Stadt, von der Nachhaltigkeit ausgeht, von der wichtige Impulse für Zukunftsperspektiven für die gesamte Menschheit ausgehen. Eine-Welt und Agenda 21- Gruppen in NRW leisten hier einen wichtigen Beitrag, internationale, globale Themen aufzubereiten und einen lokalen Bezug herzustellen, beispielsweise im Bereich des fairen Handels. Auf Einladung der Bonner Organisationen Internationales Frauenzentrum Bonn, Verein Zukunftsfähiges Bonn, Montag-Club, Eine-Welt-Forum Bonn und Frauenmuseum Bonn äußerten sich am 27. April 2006 die Landtagsabgeordneten Andrea Milz (CDU), Andrea Asch (Grüne), Renate Hendricks (SPD), Angela Freimuth (FDP) sowie Winfried Mengelkamp aus dem NRW-Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration (MGFFI) zum Thema.

Erhebliche Kürzungen im Eine-Welt-Bereich

Peter Finger, Bürgermeister der Bundesstadt Bonn, wandte sich in seiner Begrüßung mit einem Appell an die Abgeordneten. „Nicht zerdeppern, was man später bereuen könnte“ warnte Peter Finger vor weiteren Kürzungen im Bereich der Eine-Welt-Arbeit. 100.000 Euro seien vom Land zur Verfügung gestellt worden als eine Art Feuerwehr, um das Internationale Bonn zu stärken, sagte Andrea Milz. „Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Land und Bund müssen mehr Geld in die Hand nehmen, um für Bonn neue Institutionen anzuwerben“, meinte Renate Hendricks angesichts der Tatsache, dass die Ansiedlung von UNOPS (United Nations Office for Project Services) gescheitert war, weil die Stadt Kopenhagen doppelt soviel geboten habe. „Bonn kann nicht weiterhin mit der Illusion des Provisoriums weiterleben“, so Hendricks. Das Land NRW mit seinem für dieses Ressort zuständigen Minister Armin Laschet erkennt grundsätzlich die Notwendigkeit einer Internationalisierung und auch der Verzahnung von lokaler Eine-Welt-Arbeit und internationaler Politik an. Dennoch scheint es in der derzeitigen CDU/FDP Koalition schwierig, diesen Zusammenhang durchzusetzen. So sind die Mittel für kommunale Entwicklungszusammenarbeit, die lokal tätigen Eine-Welt- und Agenda-Gruppen zur Verfügung ständen, für das Jahr 2006 von 1,2 Millionen Euro auf 300.000 Euro gekürzt worden, berichtet Andrea Asch. Zudem sind die lokalen Eine-Welt-Promotorenstellen gekürzt worden und durch regionale Koordinatoren ersetzt worden. „Unser Elan wird kaputt gemacht“ kommentierte Andreas Schillo von der Bonner Gruppe der internationalen Friedensorganisation Pax Christi diese Entscheidung von NRW. Es sei ohne die Kürzungen schon schwierig genug, Spenden für entwicklungspolitische Projekte zu akquirieren. Da hilft auch der Vorschlag von Angela Freimuth nicht weiter, die lokalen Promotoren doch durch Spendengelder zu finanzieren. NRW verfügt über einen Jahresetat von 48,5 Milliarden Euro, der aufgrund der hohen Verschuldung von 112 Milliarden Euro nicht überschritten werden soll. „Wir haben dringendere Probleme in diesem Land zu lösen, als das internationale Bonn“, begründete Freimuth die Kürzungen im Eine-Welt-Bereich. „Jugendliche in Brennpunkten haben eine höhere Priorität“, so Milz. Allerdings werde von der Landesregierung demnächst eine „Integrierte Internationalisierungsstrategie“ entwickelt werden, zu der Angela Freimuth ausdrücklich zur Mitarbeit auffordert.

Andrea Asch, die sich vehement gegen den Sparbeschluß gewandt hatte, warnte davor, die Vorreiterfunktion NRW’s im Bereich internationale Zusammenarbeit zu gefährden, indem flankierende Maßnahmen in der ehrenamtlichen Arbeit gekürzt würden. Sie wies das Argument der leeren Kasse als unseriös zurück. Sowohl Asch als auch Hendricks erhoben den Vorwurf, es werde an der falschen Stelle gespart. Anstatt einen Bereich zu würdigen, in den Bürger ihre Arbeitskraft ehrenamtlich einbringen, werde beispielsweise die Landwirtschaftskammer um 17 Millionen Euro aufgestockt, vom Flughafenausbau ganz zu schweigen. „Es wird nicht gerecht gekürzt“, betonte Hendricks. Der internationale Standort Bonn Einig waren sich alle Podiumsteilnehmer/innen, dass der internationale Standort Bonn entwickelt werden müsse. „Der UN-Standort Bonn prägt das internationale Bild Deutschlands“, so Winfried Mengelkamp vom MGFFI. Allerdings müsse ein anderes Bewusstsein entwickelt werden, denn jenseits der regionalen und Landesgrenzen sei die Tatsache, dass Bonn UN-Standort ist, kaum bekannt. Mengelkamp wies darauf hin, dass sowohl NRW als auch der Bund erhebliche finanzielle Anstrengungen beigesteuert haben, Bonn zum internationalen Zentrum zu entwickeln. Auch auf Projektebene laufen eine Menge indirekter Förderungen des internationalen Standorts Bonns, was kaum bekannt sei.

Die Verankerung des internationalen Zentrums Bonn in der Bevölkerung

„Bonn hat hier noch Gestaltungspotential“, so auch Freimuth. Die Bürgerinnen und Bürger Bonns sollten eine „public diplomacy“ entwickeln, eine Art Begeisterung für den internationalen Standort Bonn. Allerdings werden „Infrastrukturen durch die Kürzungen zerschlagen, die eventuell für die Internationalisierungsstrategie wichtig werden könnten“, so Peter Finger. „Das Land NRW wird haushälterisch sein Problem nicht lösen, wenn es seine Internationalität nicht begreift,“ so auch Eberhard Neugebohrn von der Nordrhein-Westfälischen Stiftung für Umwelt und Entwicklung, deren Zukunft auch gefährdet ist. Fazit Das Thema „Eine Welt“ ist Querschnittsthema. Es berührt die Bereiche Bildung, Zuwanderung und Integration, Wirtschaft, Kultur, Jugend, Umwelt und vieles mehr. Daher ist es schwer nachvollziehbar, warum gerade in diesem Bereich Kürzungen hingenommen werden müssen. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass weitere Kürzungen in Zukunft verhindert werden“, versprachen zumindest Andrea Milz, Andrea Asch und Renate Hendricks.